Herbert Sillmann – 2013

herbertJena: Berufsschul-Geschichte geschrieben – Herbert Sillmann verlässt nach sechs Jahren Schulleiterzeit das Staatliche Berufsschulzentrum Göschwitz.

Jena. Zu den Schulleitern, die mit Ende des alten Schuljahres in den Ruhestand verabschiedet wurden, gehört auch Herbert Sillmann, langjähriger Leiter des Staatlichen Berufsbildenden Zentrums Göschwitz (SBSZ). OTZ befragte ihn zum Abschied. 

Herr Sillmann. Sie sind seit 1972, das heißt, seit 41 Jahren, Lehrer. 

Ja, ich bin schon immer an der Berufsschule in Jena-Göschwitz gewesen. Ich habe ja Werkzeugmacher gelernt und Maschinenbau studiert. Als Diplom-Ingenieur mit pädagogischer Ausbildung bildete ich damals Lehrlinge extra für das Carl-Zeiss-Kombinat aus. Da arbeitete ich besonders in Klassen wie Industriemechaniker, Werkzeugmacher und Konstruktionsmechaniker. 

Weshalb sind Sie Lehrer geworden? 

Mich hat gereizt, jungen Leuten mein Wissen zu vermitteln, sie aufs Berufsleben vorzubereiten. 

Was gefällt Ihnen an der Arbeit mit Schülern? 

Nun, ich fand schön, von Klasse zu Klasse und von Schuljahr zu Schuljahr immer neue Bedingungen zu meistern. Stets nahm ich es als Herausforderung, nicht als Belastung. Von den Schülern habe ich Respekt und Akzeptanz erwartet, habe sie dennoch als Partner auf gleicher Augenhöhe geachtet, was mir die Zusammenarbeit erleichtert hat. Es hat mir auch ­geholfen, dass die Schüler anerkannt haben, dass ich viele praktische Kenntnisse besitze und ein Gespür für ihren Beruf und auch den Wert ihres Berufs. 

Gab es auch schwierige Situationen? 

Es gab Problemfälle mit sozialen Schwierigkeiten. Doch da ich fast alle zu lösen imstande war, hat mir das auch Mut gemacht, mich Konfliktsituationen zu stellen und Lösungen zu suchen, statt auszuweichen. 

Begegnen Sie noch ehemaligen Schülern? Hat einer von ihnen eine Karriere gemacht? 

Zwar verliert man die Masse aus den Augen, aber klar, als Schulleiter begegne ich in meiner Außenarbeit vielen ehemaligen Schülern, die sehr positive Wege genommen haben. Werner Neumann zum Beispiel ist jetzt der Geschäftsführer des Blechverarbeitungsbetriebes CBV Laasdorf. Matthias Wetzel leitet die „Beschriftung Wetzel“. Jörg Lange vom OAV leistet umsichtige Arbeit. Ich könnte noch etliche aufzählen. 

Entwarfen Sie als Maschinenbauingenieur auch selbst etwas? 

Ja, Zeichnungssätze für Schule und Unterricht habe ich etwa entwickelt. Ich habe immer ­darauf geachtet, dass alles praxisnah war. 

Inwiefern hat Sie Ihr Beruf geprägt? 

Als Lehrer sollte man eine Vorbildwirkung haben. Was man von den Schülern verlangt, muss man auch im Unterricht vorleben. Als Schulleiter dann erhält man eine neue Sicht auf die Schule und die Kollegen, denn man muss sich zusätzlich vorbildlich verhalten, also strukturierter arbeiten, komplexe Prozesse erkennen, damit an einer solch großen Schule auch alles funktioniert. 

Sie sind seit 1991 stellvertretender, seit 2007 Schulleiter. Worauf blicken Sie mit Stolz zurück? 

Also natürlich, dass ich das SBSZ mitgeprägt habe; schließlich kam ich ein Jahr, nachdem es gegründet wurde und habe auch an der Umwandlung der Schule in ein Staatliches Berufsbildendes Schulzentrum mitgewirkt. 

Außerdem gibt es da noch drei Dinge: Erstens, dass die Schule völlig umgestaltet wurde. Sie erhielt einen zeitgemäßen Schulcampus, moderne Werkstätten und Praxisräume. Und dann, von 2009 bis 2011 sind Häuser mit hochmoderner Technik in Physik, Biologie und Chemie hinzugekommen. Wir haben ein lukratives Schülercafé, eine attraktive Bibliothek und eine große Turnhalle mit drei Feldern. 

Das Zweite ist, dass wir eine Unesco- und Europaschule mit Orientierung auf Auslandsprojekte mit fachlichem und sprachlichem Hintergrund sind. 

Konnten auch internationale Kontakte aufgebaut werden? 

Als stellvertretender Schulleiter habe ich seit Anfang der 1990er-Jahre viele Partnerschulen aufgesucht und Partnerschaften weitergeführt, um für Nachhaltigkeit zu sorgen. Es vergeht keine Woche, in der nicht Schüler oder Lehrer aus dem Ausland bei uns sind. Zu verdanken ist das unserer Weltoffenheit und zum anderen, dass sich die Kollegen immer bereit zeigten, ihre Tür zum Unterricht zu öffnen, jederzeit interessierte Gäste willkommen zu heißen, europäisch zu handeln. 

Wie sieht es mit der praktischen Seite aus? 

Das Dritte, was mir wichtig ist: Neben dem Erhalt weiterführender Schulformen wie dem Beruflichen Gymnasium, der Höheren Berufsfachschule, Fachoberschule und Fachschule war es mir immer ein großes Anliegen, Schülern in ihrer Berufsorientierung zu helfen. Wir haben Werkstätten entwickelt, um die Schüler im Berufsvorbereitungsjahr und in der ­Berufsfachschule in verschiedenen Berufsfeldern – Bautechnik, Farbtechnik, Holztechnik, Elektrotechnik, Metalltechnik, Hauswirtschaft, etc. – auf den beruflichen Alltag vorzubereiten. Ein großer Wunsch für die Zukunft wäre aber noch die Einführung eines Praxistages flächendeckend für Schüler der allgemeinbildenden Schulen in unseren Praxisräumen. 

Gibt es auch negative Dinge? 

Sehr enttäuscht hat mich, dass dem SBSZ etablierte Berufe, die es schon immer in Jena gab – Maurer, Zimmermann, Maler, Lackierer, Konstruktionsmechaniker und Metallbauer, um nur einige zu nennen – im Zuge des Schulnetzes entzogen wurden. Zurzeit sind Streichungen der Berufe Hotel- und Restaurantfachmann für 2013/14 vorgenommen, so dass man mit einer Vernichtung der dualen Ausbildung, das heißt, dass die Lehrlinge in der Praxis in Betrieben arbeiten und in der Theorie bei uns, rechnen muss. Die Berufe werden vor allen Dingen nach Gera verlagert. Es ist schade, dass es zu diesem Schulnetz kein Personalkonzept gibt und das eine kontinuierliche Schulentwicklung unmöglich macht. 

Sehen Sie die Zukunft eher schwarz? 

Nein, ich bin trotzdem der Meinung, dass wir engagierte Lehrer und interessante Konzepte haben, um qualitativ hochwertigen Unterricht zu ermöglichen. Ich bin überzeugt, dass man die Kernkompetenzen des SBSZ doch in Jena belassen wird. Ich bin auch stolz auf unser Team. 

Freuen Sie sich schon auf den Ruhestand, haben Sie sich schon etwas vorgenommen? 

Ich kann noch nicht sofort ganz loslassen, muss erst einmal Abstand gewinnen. Konkret vorgenommen habe ich mir noch nichts; private Dinge wie Familie – ich habe zwei Enkel – und das Hobby Kaninchenzucht sollen mehr in den Mittelpunkt rücken. Meine Freizeit werde ich nutzen, um Dinge zu genießen, die immer zu kurz kamen, weil man eingebunden war. 

Maximilian Gruebsch / 15.07.13 / OTZ

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